Ausstellung
Standardhäuser
Häuslbauer - 1.Teil
Eröffnung: Dienstag, 27.05.1997, 19:00 Uhr
Begrüßung:
Hannes Pflaum, Architekturzentrum Wien
Bernhard Görg, Stadtrat für Planung und Zukunft
Peter Marboe, Stadtrat für Kultur
Eröffnung:
Dietmar Steiner: Zum Standard der Häuser
Geschichte, Projekte, Industrie
An der intimsten Stelle des Bauens, der des privaten Einfamilienhauses, werden die Grenzen zwischen Architektur und Massenkultur erkennbar, zeigt sich der prekäre Stand der Zivilisation am deutlichsten.
Wir erforschten die historischen Grundlagen standardisierter Einfamilienhäuser nach Beispielen aus der Architekturgeschichte, wir recherchierten nach aktuellen Entwürfen von Architekten, und wir wollten diese Entwürfe mit ausgewählten Beispielen der zeitgenössischen österreichischen Fertighausindustrie konfrontieren.
Diese drei Säulen der Ausstellung sollen einen neuen Dialog provozieren.
Zwischen den aktuellen architektonischen Überlegungen und einer oft schon vergessenen Geschichte der Architektur.
Zwischen den ästhetischen Codes der Architekten und denen der Fertighaus-Industrie.
Zwischen der Industrie, die hautnah am Markt entlang produziert und noch immer mit Image- und Akzeptanzproblemen zu kämpfen hat, ohne zu wissen, dass sie sich auf eine fundierte Geschichte der Aufgabe berufen könnte, die bis heute kontinuierlich architektonisch wissenschaftlich weiterentwickelt wurde.
Diese drei Säulen, drei Ansätze, drei Entwicklungen, versuchen auf ein universelles Problem zu antworten: Beinahe alle Österreicher wünschen sich als Wohnform ein freistehendes Einfamilienhaus. Das Haus, das private Eigenheim, die konstant ersehnte Wunschform der Behausung von der absoluten Mehrheit der Bevölkerung, ist und bleibt die grösste Bauaufgabe der Volkswirtschaft.
Das Architekturzentrum Wien hat die prinzipielle Aufgabe, die Architektur in all ihren Erscheinungsformen und Entwicklungen zu präsentieren und zu diskutieren. Da konnten wir Österreichs grösste Bauaufgabe nicht übergehen: Das freistehende Einfamilienhaus. Praktisch jeder Österreicher ist selbst Häuslbauer oder in seiner näheren sozialen Umgebung mit diesem Problem konfrontiert.
Events
Samstag, 7. Juni, 17.05 Uhr, Ö1
Diagonal – Radio für Zeitgenossen
Ware Haus. Ein Beitrag von Peter Waldenberger
Dienstag, 10. Juni 1997, 19 Uhr:
Ware Haus. Zur Wohnform und Architektur des Fertighauses.
Eine Diskussion mit Architekten und Repräsentanten der Fertighaus- Industrie.
Dienstag, 17. Juni 1997, 19 Uhr
Newstandard. Fertighaus-Konzepte für Deutschland.
Eröffnung der Ausstellung mit Häusern von Bewick/De Lucchi, Diener & Diener, Dudler, Hilmer & Sattler, Ingenhoven, Overdiek, Kahlen & Partner, Kollhoff / Timmermann, Silvestrin u. a..
Freitag, 20. Juni 1997, 20 Uhr
Von Haus zu Haus
Eröffnung der Ausstellung im Hof des Architekturzentrum Wien
Holger Rust: Traumhäuser und Privatparadiese. Von Vorgärten, Reihenhauswohnzimmern, Durchreichen und Designerlofts.
„Von Haus zu Haus“ ist für den öffentlichen Raum konzipiert und stellt aktuelle Beispiele aus Wien, Niederösterreich und dem Burgenland vor: Prototypen, An- und Umbauten sowie Siedlungen als alternative Lösungen in raumplanerischer, gestalterischer und ökologischer Hinsicht.
Veranstalter: Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland.
Initiator: Rudolf Gitschthaler; Kuratoren: Elke Krasny, Christian Rapp.
Mitarbeit: Arno Ritter
Standardhäuser präsentiert Projekte von
* Actar
* Architeam 4
* Baller
* Banfi
* Belgioioso
* De Lucchi / Bewick
* Bill
* Fertighaus-Park Blaue Lagune
* Brauchl Haus
* Burkhalter / Sumi
* Das Griffner Haus
* Diener & Diener
* Dudler
* Eames
* Eisele / Fritz / Bott / Hilka / Begemann
* Elk Fertighaus AG
* Europäisches Design Depot
* Fuller
* Gerngross
* Gropius / Wachsmann
* Gullichsen / Palasmaa
* Hanlo Häuser
* Hartl Haus
* Heide / von Beckerath / Alberts
* Hilmer & Sattler
* Hoffmann
* Howe Haus
* Ingenhoven, Overdiek, Kahlen & Partner
* Jauss + Gaupp
* Kasseler Baufrösche
* Kaufmann
* Kollhoff / Timmermann
* Kulka
* Lacaton / Vassal
* Le Corbusier
* Loos
* Marques / Zurkirchen
* Muche
* New Standard International
* Nitzchke / Le Donné / Brelet
* Österreichischer Fertighaus Verband
* Ottmann
* Peressutti
* Prouvé
* Rainer/ Auböck
* Reinberg
* Roth
* Scharoun
* Schindler
* Schmiderer
* Silvestrin
* Starck
* Stern / Schwäbisch Hall
* Szyszkowitz / Kowalski
* Thun
* Vakaj
* Wagner / Graser
* Wedlick
* WIGO / Braunsdorfer Hausbau
* Wright
* Zanuso
Das Architekturzentrum Wien dankt
Archiv Domus, Mailand; Archives Municipales du Havre; Fondation Le Corbusier, Paris; Archives Nationales / Institut Français d’Architecture, Archive d’Architecture du XXème siècle, Paris; Archives Départementales de Meurthe-et-Moselle, Fond Jean Prouvé, Nancy; Cathrine Collay, Nancy; Gesellschaft zur Förderung moderner Kunst, Wien; Julius Shulman, Los Angeles; Archive Keck & Keck, State Historical Society of Wisconsin, Madison; Buckminster Fuller Institut, Santa Barbara; Photothèque Musée-CCI, Centre Pompidou, Paris; Stiftung Archiv der Akademie der Künste, Archiv Hans Scharoun, Berlin; Stiftung Binia, Max und Jakob Bill, Luzern; The F. L. Wright Foundation, Taliesin West; The Huntington Library, San Marino; University of California, Santa Barbara / University Art Museum, Architectural Drawing Collection; Wachsmann-Verein / Michael Grüning, Frankfurt/Oder
sowie den in der Ausstellung präsentierten Architekten, Unternehmen und Organisationen.
Transporte der Leihgaben: H&S Art Service, Wien
Ein Booklet zur Standardhäuser-Ausstellung erscheint Mitte Juni in Kooperation mit dem Architektur & Bau Forum, Nr. 4/1997.
Öffnungszeiten: täglich 11 – 19 Uhr
Eintritt frei
Die Ausstellung ist eine Produktion des Architekturzentrum Wien.
Konzeption und Koordination: Dietmar Steiner, Adolph Stiller, Birgit Brandner
Produktion: Klemens M. Schuster, Kurt Zweifel; Matthias Gneiger, Michael Kleinbichler, Caroline Kufferath, Christian Schmölz, Sissi Smutny; Hannes Stattmann, Wolfgang Stückler, Dietrich Killer.
Historischer Teil
Die folgenden Beispiele der Architekturgeschichte zeigen die anhaltende Beschäftigung herausragender Architekten mit der Frage des Standardhauses. Der Zeitraum umfasst den Beginn dieses Jahrhunderts bis zu den 60er Jahren, und illustriert damit auch eine Geschichte der Moderne, die einer ihrer grossen Ideen folgte: Kostengünstige, komfortable und funktionell optimierte Behausungen für die Massengesellschaft zu entwickeln, die nur durch Standardisierung und Vorfertigung zu erreichen sind. Immer waren diese Vorschläge und Ideen der Architekten an die Herausforderungen und Möglichkeiten der Baustoffe, der Industrie gebunden und versuchten diese mit innovativen Entwicklungen zu reformieren.
1915 – Frank Lloyd Wright, American System-built houses
1921 – Adolf Loos, Haus mit einer Mauer, Österr. Patent Nr. 8746
1922 – Rudolph M. Schindler, Kings-Road-House, L.A., CA
1923 – Georg Muche, „Haus am Horn“, Bauhaus, Weimar
1928 – Josef Hoffmann, Stahlhaus, Fa. Vogel & Noot
1929 – Oscar Nitzchke, Metallhaus für Forges de Strasbourg
1929 – Le Corbusier, Maison Loucheur (maison à sec)
1932 – Josef Hoffmann u.a., „Das wachsende Haus“, Wettbewerb u. Ausstellung, Wien
1932 – Hans Scharoun, „Das wachsende Haus“, Berlin
1934 – Keck & Keck, „Crystal House“, Ausstellung „The House of tomorrow“, Chicago
1939 – Jean Prouvé, Montagehäuser „System portique, 8 x 8m
1940 – Buckminster Fuller, „Dymaxion House“
1942 – Banfi, Peressutti, u.a., „La Casa e l’ideale“, Wettbewerb von domus
1942 – Max Bill, Wohnhaus aus Standardelementen, Bremgarten, Schweiz
1943 – Konrad Wachsmann, Walter Gropius, Serienhaus für General Panel Corp., USA
1949 – Ray & Charles Eames, „Eames House“, Pacific Palisades, L.A., CA
1954 – Roland Rainer, Carl Auböck, Fertighausmustersiedlung Veitingergasse, Wien
1956 – Jean Prouvé, Maison „Abbé Pierre“ (Emmaus-Jünger)
1964 – Simon Schmiderer, „One house in one hour“, IBEC-Corp., Puerto Rico
Zeitgenössische Architekten
Zeitgenössische Projekte von Architekten für Standardhäuser zeigen eine neue Qualität der Auseinandersetzung mit dem Thema.
Die letzten 20 Jahre standen im Zeichen der Wiederentdeckung historischer Typologien und Repertoires der Architektur, Fragen der Standardisierung und Vorfertigung waren durch die Ignoranz des Bauwirtschaftsfunktionalismus stigmatisiert.
Die 90er Jahre brachten ein neues Interesse für Technik und Professionalität der Architektur. Abstraktion und Minimalismus sind Leitbilder eines neuen ästhetischen Interesses.
Technische, ökonomische und ökologische Lösungen sind wieder verstärkt aktuelle Ziele architektonischer Forschung. Vornehmlich Holzkonstruktionen werden auf ihre Möglichkeiten der Systematisierung hin befragt. Z. B.: Kaufmann, Vakaj, Burkhalter + Sumi, Wagner-Graser.
Sie inkludieren auch grundsätzliche, ganzheitliche Überlegungen einer energetischen und ökologischen Optimierung. Z. B.: Reinberg, Architeam 4.
Die Architekten reagieren auch auf die soziologischen Veränderungen der Familienstruktur. Offene, leicht veränderbare Grundrisse sollen wechselnde Nutzungen der Räume ermöglichen. Z. B.: Gerngross, Jauss + Gaupp, Ottmann.
Auch die konkreten Orte der neuen Einfamilienhäuser werden thematisiert. Es ist nicht mehr allein die freie Landschaft, die zur Verfügung steht. Stadtränder, Peripherien, gemischte und heterogene Situationen regen zu neuen Antworten an. Z. B.: Marques + Zurkirchen, Lacaton + Vassal, ACTAR.
Und nicht zuletzt drängen die früher vernachlässigten Fragen des Marketings von Standardhauskonzepten mit neuen Strategien in den Vordergrund. Z. B.: Thun, Starck, LIFE, stern & Schwäbisch Hall, newstandard.
Das Standardhaus heute unterscheidet sich grundlegend von den weitgehend abstrakten und theoretischen Modellen der klassischen Moderne. Technologisch funktionale Vorteile allein sind heute nicht mehr massgebend. Es muss ein Ambiente konzeptuell antizipiert werden.
Ungebrochen bleibt aber der Wunsch nach Klarheit, struktureller Intelligenz und formaler Eleganz ein dauerhaftes Thema zeitgenössischer Architektur: Z. B. Gullichsen & Pallasmaa.
Industrie
Die Fertighaus-Branche boomt. Während sich die Anzahl der jährlich neuerbauten Ein- und Zweifamilienhäuser kaum verändert, erhöhte sich der Anteil daran auf über 25%. Dem entspricht die Errichtung von mehr als 4.000 Häusern pro Jahr. Ein Anteil und eine Grössenordnung, der die österreichische Fertighausindustrie zu einem unübersehbaren Produzenten von zeitgenössischer Architektur macht.
Sukzessive arbeiten die Fertighaus-Hersteller daran, das Bild der sprichwörtlichen Pappschachtel in den Köpfen der vorzugsweise solide und vermeintlich für die Ewigkeit bauenden Österreicher zu tilgen. Mittel dazu sind Initiativen zur Qualitätssteigerung und Modernisierung der Planungsverfahren sowie der Produktion, kundenfreundliche Preis- und Leistungsgestaltung und offensive, mit dem Konsumgewohnheiten der 90er Jahre kompatible Marketingstrategien – wie beispielsweise Möglichkeiten zum House-Shopping in Musterhauszentren oder im jährlich von 180.000 Interessierten besuchten Fertighauspark Blaue Lagune in Vösendorf.
Unterstützend wirkt auch der 1979 gegründete Fertighaus-Verband, der 27 Mitgliedsfirmen vereinigt, und ausgewählte Zulieferfirmen als ausserordentliche Mitglieder verzeichnet. Der Verband wird von den führenden Firmen getragen, deckt allerdings nicht den gesamten Markt der Anbieter ab, der aus insgesamt bis zu 130 Firmen besteht, darunter auch Kleinbetriebe mit einer jährlichen Produktion von weniger als 5 Häusern. Die Mitglieder des Verbandes unterwerfen sich einer strengen Qualitäts-, Produktions- und Preiskontrolle.
Stellvertretend für die gesamte Branche haben wir für diese Ausstellung fünf Unternehmen ausgewählt:
Elk-Haus: Weil Elk der grösste Anbieter ist, und sich mit dem Europa-Haus der Philosophie des Gesamtprodukts, des „Volkswagens“ nähert.
Hartl-Haus: Weil Hartl der älteste Anbieter ist und im Jubiläums-Haus die Erfahrung von 100 Jahren verdichtet ist.
Hanlo-Haus: Weil Hanlo mit einem Studentenwettbewerb neue Wege suchte, und der Begriff Switch-Haus die Markenphilosophie der Konsumgüterindustrie antizipiert.
Brauchl-Haus: Weil Brauchl sich mit den Begriffen Ökologie und Kultur positioniert und damit illustriert, was sich die Mehrheit heute darunter vorstellt.
Wigo-Haus: Weil Wigo den Kärntner Architekturpreis erhielt und das derart ausgezeichnete Haus trotzdem gekauft wird.
Newstandards
NEWSTANDARD. Häuser von Diener & Diener, Dudler, Hilmer & Sattler, Ingenhoven, Overdiek, Kahlen & Partner, Kollhoff & Timmermann, Bewick / Studio De Lucchi, Eisele / Fritz, Langhof, Mendini, Silvestrin, Soler.
Inhalt des Begriffes sowie Firmenname leiten sich aus dem Anspruch ab, bessere Architektur, Formen und Design zu schaffen. Diese besseren Standards müssen sowohl im Dienste der Funktion stehen als auch bezahlbar sein.
Der Begriff „Standard“ leitet sich aus der Übernahme der Massstäbe der Architektur, der Formen der Vergangenheit her, der Begriff „New“ beinhaltet das neue künstlerische Schaffen der Gegenwart, das seinerseits in 50 Jahren wieder als klassisch bezeichnet werden wird. Einbezogen in den Arbeitsprozess wird dabei nicht nur der neue kreative Entwurf, sondern auch die aktuellsten Entwicklungen aus Technik, Material, und Ausführung.
Gefasst werden die einzelnen Projekte unter der Coporate Identity des gesamten Unternehmens NEWSTANDARD, die, so sie noch nicht geschaffen war, mit jedem einzelnen Entwurf neu mitformuliert wird. Dadurch erhält der Bauherr oder Hersteller einen Gestaltungsvorteil vor seinen Mitbewerbern, da er sein eigenes Werk in die Philosophie des Unternehmens miteinbringt.
Aus einem Beratungsauftrag für Kunst seitens grosser Firmen, entwickelte sich innerhalb von 20 Jahren diese Form, die sich intensiv mit den Fragen der Formgebung in Architektur und Design beschäftigt.
NEWSTANDARD strebt ganzheitliche Lösungen an: Mit Helge Achenbach und Klaus Zimmermann, die ihre Erfahrungen aus dem Bereich der Kunst und der Industrie miteinbringen, wird versucht, die Brücke zwischen Bauherrren und Architekt/Designer zu schlagen.
Der auf einen gewissen Stand gebrachte Entwurf wird dem Bauherren, als Basis für weitere Entscheidungen vorgelegt. In Folge werden Lieferanten gesucht, die neu entwickelte Gestaltungskonzepte in den Produktionsprozess einbinden. Für den Kunden geschaffene Einrichtungen sollen später in den Herstellerkatalog aufgenommen werden.
Zahlreiche namhafte Architekten arbeiten bereits gemeinsam mit NEWSTANDARD. Die im Rahmen der Ausstellung gezeigten Projekte werden von allkauf Haus in Deutschland vertrieben. In den Vertrieb gehen zunächst die Projekte von Diener & Diener, Dudler, Hilmer & Sattler, Ingenhoven, Overdiek, Kahlen & Partner sowie Kollhoff & Timmermann. Die Ausstellung präsentiert zudem die Hausentwürfe von Bewick / Studio De Lucchi, Eisele / Fritz, Langhof, Mendini, Silvestrin und Soler.