Ausstellung
Rudolf Schwarz
Architekt einer anderen Moderne
Rudolf Schwarz (1897-1961) zählt zu den bedeutendsten Architekten der Deutschen Nachkriegsarchitektur. In Österreich stehen zwei seiner Bauten, die Kirchen St.Florian in Wien und St. Theresia in Linz. Bis heute ist Schwarz vor allem als Kirchenbauer bekannt. Er selbst hat das anders gesehen. „Das Gebiet des Künstlers ist die Welt in ihrer ungebrochenen Ganzheit.“
Neben epochalen Sakralbauten stammen von ihm auch wichtige Profanbauten: die beiden Schulen, die er in seiner Zeit als Direktor der Aachener Kunstgewerbeschule (1927-34) gebaut hat, die Wohnhäuser der dreißiger Jahre, in denen er einer Ästhetik weitab der offiziell verordneten folgte, der Umbau der Frankfurter Paulskirche, das ehemalige Wallraf-Richartz-Museum in Köln, die Wettbewerbe für Theater in Mannheim und Düsseldorf und sein Projekt für den Wiederaufbau des Reichstagsgebäudes in Berlin. Ein Werk wird deutlich, das den expressionistischen Ismen ebenso folgte wie den Tendenzen einer kristallin-kühlen Moderne, der Zeit des NS-Regimes mit seinen Restriktionen, der Aufbauepoche nach 1945, in der Schwarz die Stadtplanung von Köln leitete und den Jahren der Konsolidierung.
Eröffnung
Dietmar Steiner, Direktor Architekturzentrum Wien
Wolfgang Pehnt, Architekturhistoriker
Conrad Lienhardt, Kunstreferent der Diözese Linz
Eine Ausstellung von Wolfgang Pehnt, Maria Schwarz und Hilde Strohl.
Rahmenprogramm
Führungen:
Samstag, 19. Dezember 1998, 15:00 Uhr
Samstag, 09. Januar 1998, 15:00 Uhr
Samstag, 23. Januar 1998, 15:00 Uhr
Symposium: „Rudolf Schwarz – Architekt einer anderen Moderne“
Samstag, 12. Dezember 1998, 14:00 Uhr
Architekturzentrum Wien
sonntags: „omnibus dei“ (1)
Vier Leuchten des Sakralbaus im Advent
Sonntag, 13. Dezember 1998, 13:30 Uhr
Führung: Barbara Achleitner
Biographie
1897 Rudolf Schwarz wird am 15. Mai in Strassburg / Elsass geboren.
1914 – 1918 Studium der Architektur an der Königlichen Technischen Hochschule Berlin.
1919 Studium der Katholischen Theologie, Geschichte, Philosophie an der Universität Bonn.
1919 – 1923 Ausbildung zum Regierungsbaumeister.
1924 – 1924 Mitarbeiter und Meisterschüler Hans Poelzigs im Meisteratelier der Akademie der Künste, Potsdam.
1925 – 1927 Lehrt an den Technischen Lehranstalten (Baugewerk- und Kunstgewerbeschule) Offenbach.
1927 – 1934 Direktor der Handwerker- und Kunstgewerbeschule Aachen.
1929 – 1930 Fronleichnamskirche in Aachen, ein Schlüsselbau moderner Sakralarchitektur.
1931 – 1934 Vorstandsmitglied des Deutschen Werkbunds.
1934 Rudolf Schwarz am 01. Februar 1934 wird auf Grund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ in den Ruhestand versetzt, die Kunstgewerbeschule Aachen geschlossen.
1934 – 1944 Freischaffender Architekt zunächst in Offenbach, ab 1937 in Frankfurt am Main; Wohnhäuser, Umbauten von Kirchen.
1941 – 1944 Orts- und Landesplaner im „Gau Westmark“, Leiter der Planungsstellen Diedenhofen (Thionville) und Lothringen.
1946 – 1961 Freischaffender Architekt in Frankfurt am Main und Köln, zahlreiche Kirchen und Profanbauten.
1946 – 1952 Generalplaner der Stadt Köln.
1956 – 1963 Schwarz erhält zwei bedeutende Aufträge in Österreich- die Kirchen St. Theresia in Linz und St. Florian in Wien.
Der Neubau von St. Theresia ersetzte eine im Krieg zerstörte Kirche auf einem anderen Grundstück. Die Baugestalt erinnert an die 1952 – 1956 enstandene Kirche in Frankfurt St. Michael.
Auf Einladung von Monsignore Otto Mauer in der Galerie nächst St. Stephan hält Schwarz einen Vortrag zum Thema Kirchenbau. Im selben Jahr kommt es zur Beteiligung an einem Wettbewerb für die Pfarrkirche St. Florian in Wien -Margareten. Die zu klein gewordene Barockkirche wird aus verkehrstechnischen Gründen entfernt und durch eine neue Kirche, die zweitausend Gläubigen Platz bietet, an einer anderen Stelle von Schwarz wiederaufgebaut.
1953 – 1961 Ordentlicher Professor für Städtebau und Kirchenbau an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf.
1961 Rudolf Schwarz erliegt am 03. April 1961 in Köln einem Herzinfarkt.
Zitate von Rudolf Schwarz
Rudolf Schwarz über Leben und Bauen
Die Welt der Technik
„Eine neue Welt bietet sich an, und an sie richten sich zwei Fragen:
Die eine: Ist diese Welt für Menschen auch tragbar? oder ist sie in irgend einer Hinsicht für menschliches Mass zu schwer und zu gross? Wenn sie das ist, lässt sie sich dann überhaupt
mässigen und wenn ja, wie kann das geschehen?
Die andere: Ist diese Welt des Menschen auch würdig? oder ist sie zu gering? Bietet sie auch Raum für höchste menschliche Würde? Wenn es gelingt, sie zu mässigen, lässt sie sich dann auch
würdigen?“
Wegweisung der Technik. 1928
Bilder
„Allzu lange haben wir uns bemüht, der Welt durch Begriffe habhaft zu werden, und darüber vergessen, dass die Bilder stärker, wirklicher und genauer sind.“
Kirchenbau. Welt vor der Schwelle. 1960.
Baukunst
„Bauen heisst…, Beziehungen der Nachbarschaft gründen, Abstände sichern, Ordnungen einsetzen. Architekturen sind die grossen Unterordnungen, Hierarchien und Wertsysteme der Wissenschaften, der Staaten, der Kirche. All das schwingt mit, wenn wir Baukunst sagen. Wir ahnen die Weite des Wortes, zugleich auch seine Weltbedeutung. Baukunst ist eine Urkraft, die aus Urtiefen aufspringt; unerklärbar und nicht zurückzuführen, Urphänomen. Vielleicht kann man sagen, das Phänomen, das eine Ordnung schafft.“
Über Baukunst. 1924.
Heimat
„Was ist Heimat? Durchlebter Raum, könnte man sagen, Raum, der sich mit einfachem und herzenswarmem Menschenleben vollgesogen und gesättigt hat. Raum, der als natürliche Landschaft vorher da war und dann allmählich zu menschlichem Lebensraum wurde: Heimat ist eine geschichtliche Tatsache, sie wird durch den Menschen allmählich aus dem vorgegebenen Stoff der Natur geschaffen.“
Stadtlandschaft Diedenhofen. 1943
Natur
„Bitterste Erfahrungen haben uns darüber belehrt, dass die Natur sich zu rächen pflegt, wenn man ihr nur die nützliche Leistung abquälen will, ohne sie als geheimnisvolles All-Leben zu sehen. Sie pflegt dann auch bald nicht mehr das Nützliche zu leisten.“
Stadtlandschaft Diedenhofen. 1943
Schule und Schüler
„Das muss also die Schule vorab erreichen; den Schüler zum Leben ermuntern; ihm zeigen, wie das Leben ein Wagnis ist, bei dem man nicht weiss, was sich ergibt; und ihm Mut machen, sein eigenes Leben zu wagen, ihm Selbstvertrauen zu geben und ihm die Mittel zu zeigen, wie man sich helfen kann. Ihm zeigen, dass da ein Strom ist und ihn ermuntern, den Sprung zu riskieren; ihn lehren, wie man schwimmt.“
Die christliche Kunst an Kunstgewerbeschulen. 1929
Innenarchitektur
„Man sollte nicht so viel Wesens mit der Kunst der Wohnungsausstattung machen – Innenarchitektur schimpft sie sich. Die notwendigen Dinge sind zu kostbar für die Moden des Kunstgewerbes und gelingen umso besser, je dienlicher sie sind. Man soll alles gut machen wollen, das ist genug… Das Nötige müsste da sein und dann noch ein kleiner Überschuss an Dingen, die nur noch schön sind.“
Von der Bebauung der Erde. 1947
Deutscher Werkbund
„Es ist nicht seine Aufgabe, immer etwas anderes zu erfinden, das es bisher so noch nicht gab, sondern immer aufs neue das Gleiche sich vorzunehmen, es aber immer besser zu machen, bis es allmählich ein Gültiges wird, die innigste Form dieses Dinges und das getreueste Mittel für den Dienst, zu dem es bestimmt ist.“
dwb. Werkbund-Ausstellung Neues Wohnen. Deutsche Architektur seit 1945. 1949
Grenzen des Planers
„Er kennt die eigene Grenze und weiss, wie klein das Mass an bauender Kraft jedes Zeitalters ist. Das unterscheidet ihn von dem unberufenen, dem Volk immer willkommenen, Lärm verübenden Macher, er hält seine Plane im Mass und weiss, wie weit ihm die bauende Kraft reicht.“
Von der Bebauung der Erde. 1947