Ausstellung

Form folgt Paragraph

Do 23.11.2017 – Mi 04.04.2018
Plakatsujet der Ausstellung

Form folgt Paragraph
© Architekturzentrum Wien

Wenn Architekt*innen Gebäude entwerfen und Stadtplaner*innen urbanes Leben imaginieren, werden sie von einer großen Zahl an Regelwerken begleitet. Wer macht diese Regeln, was verraten sie über unsere Gesellschaft und war es früher wirklich besser?

„Aus brandschutztechnischer Sicht ist es egal, ob das Feuer in einem bestehenden Gebäude oder in einem Neubau ausbricht.“ Irmgard Eder, MA 37, Baupolizei, KSB

Die Ausstellung „Form folgt Paragraph“ holt jene Regelwerke vor den Vorhang, ohne die in der Architektur nichts mehr geht. Gesetze, Verordnungen, Richtlinien und Normen sind zu gewichtigen Mitgestaltern der gebauten Umwelt geworden. Anschaulich und konkret, kritisch und bei manchen Beispielen auch unfreiwillig komisch, enthüllt die Schau die ansonsten unsichtbaren Hintergründe von Architektur und Stadtentwicklung.

Fallstudien, Begriffserklärungen, historische Beispiele und Vergleiche mit anderen Ländern zeigen, dass ähnliche Herausforderungen sehr unterschiedlich geregelt werden können. Schreien deutsche Kinder lauter als österreichische oder sind die Beine anderswo kürzer? 1:1 Installationen machen die Unterschiede körperlich erlebbar und legen gleichzeitig die Frage nahe: Was sagt das Vorschriftswesen eines Landes über dessen Gesellschaft aus?

Interviews mit Architekt*innen, Projektentwickler*innen, Sachverständigen und Vertreter*innen von Behörden und weiteren Expert*innen vermitteln die aktuelle Situation in ihrer Komplexität und Widersprüchlichkeit und loten Interpretationsspielräume aus, die in zahlreichen Workarounds auch genutzt werden.

Die Ausstellung zeigt, dass der Grat zwischen dem Wunsch nach mehr Freiheit und dem Bedürfnis nach Sicherheit und Verbindlichkeit schmal ist. So rückte die Wiener Bauordnung ab 1930 den Schutz der Bürger*innen und die Fürsorgefunktion für die Schwächsten in den Mittelpunkt. Aber was passiert, wenn Geländer immer höher und Türen schwerer werden und die Eigenverantwortung von Warnhinweisen abgelöst wird? Ausgehend vom Feld der Architektur will die Ausstellung eine breite gesellschaftliche Debatte anregen, denn die Verdichtung an Geboten und Verboten ist Ausdruck einer Entwicklung, die wir alle mittragen.

Kuratorinnen: Martina Frühwirth, Karoline Mayer, Katharina Ritter, Az W