Vortrag

Das ist kein Gebäude

Ein audiovisueller Vortrag von Andreas Ruby

Mi 19.07.2006, 19:00-21:00

Das ist kein Gebäude
© Perrault Projets

Dominique Perrault und das Prinzip der Verfremdung in der zeitgenössischen Kultur

„Auch wenn Architektur in der Regel eine rationale Selbstbegründung vor sich her trägt, so ist sie doch in Wirklichkeit fundamental paradox, weil sie systematisch Widersprüche erzeugt. Indem sie Mauern aufbaut, bietet sie Menschen Schutz, aber gleichzeitig erzeugt sie damit auch eine Situation der Isolation. Sie hat aber gar keine Wahl als beides gleichzeitig zu tun. Deswegen besteht Architektur für mich darin, diese verdrängte Paradoxie ihres Wesens offen zu legen.“ (Dominique Perrault)
Die Architektur von Dominique Perrault fördert einen ganzen Katalog von Paradoxien zu Tage: Im Hof der Französischen Nationalbibliothek wächst ein Wald von Bäumen; das Berliner Velodrom und Schwimmstadion ist in einem Erdsockel vergraben, auf dem ein Apfelbaumhain gepflanzt ist; die Aplix-Factory in Cellier-sur-Loire ist vollkommen mit reflektierendem Edelstahl verkleidet, um sich im Spiegelbild der sie umgebenden Landschaft aufzulösen. Im Mariinsky II Theater in St. Petersburg ist das Opernhaus schließlich unter einer bizarren goldenen Haube verborgen, die an einen überdimensionierten Meteorit erinnert.

In seinem Vortrag wird Ruby die architektonischen Verfremdungseffekte Perraults zu verwandten Strategien aus der zeitgenössischen Kulturproduktion von Bildern, Tönen und Räumen in Verhältnis setzen: Werbespots, die wie Kurzfilme gedreht sind und nur im Internet herunter geladen werden konnten; Musikvideos, die wie populärwissenschaftliche Lehrfilme, Industriewerbefilme oder Computerspiele wirken; oder ein Platz in St. Gallen, der sich als öffentliches Wohnzimmer präsentiert.