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Wilhelm Schütte und das Mauthausen Memorial – 80 Jahre Befreiung

Objekt aus der Sammlung

s/w Foto mit vielen Menschen in der Mitte ein Auto auf dem zwei bewaffnete Männer mit Helm sitzen

Nachgestellte Szene vom ersten Eintreffen amerikanischer Soldaten in Mauthausen, vermutlich 7. Mai 1945
© Foto: commons wikimedia, Foto: Cpl. Donald R. Ornitz, US Army

Das ehemalige Konzentrationslager Mauthausen mit 49 Nebenlagern war eines der größten Lager im gesamten nationalsozialistischen System der Vernichtung. Nach der Befreiung am 5. Mai 1945 zunächst von der US-Armee genutzt, übergibt die sowjetische Besatzungsmacht das ehemalige KZ am 20. Juni 1947 an die Republik Österreich mit der Auflage, eine Gedenkstätte zu errichten.

Architekt Wilhelm Schütte ist für die Bauaufsicht des ersten Länder-Denkmals in Mauthausen zuständig: das in Zusammenarbeit mit dem französischen Architekten André Bruyère und dem Bildhauer Fritz Cremer 1949/50 errichtete Denkmal für die französischen Opfer. In Briefen lässt sich nachlesen, dass er sich in Folge weiteren Ländern als Bauaufsicht anträgt.

Eine in der Sammlung des Az W erhaltene Zeichnung zeigt die Denkmäler Frankreichs, Italiens, Polens, Österreichs und der Sowjetunion in der von Schütte vorgeschlagenen Lage vor dem Haupttor des KZ Mauthausen. Im Teilnachlass existieren auch Entwurfszeichnungen für das sowjetische und das polnische Denkmal, die allerdings in anderer Form ausgeführt wurden. Schüttes Anteil am Entwurf dürfte beim französischen Denkmal am größten gewesen sein, danach spielt er vor allem für die konkrete Umsetzung und die Überlegungen der Beziehung der einzelnen Denkmäler zueinander eine wichtige Rolle.

Die Arbeit für den Denkmalpark hat in Schüttes OEuvre einen großen Stellenwert – u. a. weil er aufgrund seiner kommunistischen Gesinnung nach 1945 von öffentlichen Aufträgen in Österreich so gut wie ausgeschlossen bleibt. Dabei gilt er als Experte für den Schulbau, den er vor dem Zweiten Weltkrieg während seiner Mitarbeit am Stadtplanungsprogramm „Neues Frankfurt“ als Leiter der Abteilung Schulbau perfektioniert. Dort begegnet er auch seiner späteren Frau, der Architektin Margarete Schütte- Lihotzky.¹

1930 folgt das Ehepaar Schütte dem deutschen Architekten Ernst May nach Moskau, wo die Planung sozialistischer Städte im Vordergrund stand. Infolge der sich verschärfenden politischen Situation in der Sowjetunion emigrieren die beiden 1938 in die Türkei. Im Rahmen geheimer Kurierdienste für die Widerstandsgruppe der österreichischen KPÖ² wird Margarete 1941 in Wien verhaftet. Zunächst zum Tode verurteilt, verbüßt sie eine mehrjährige Haftstrafe in Bayern, wo sie im April 1945 durch amerikanische Truppen befreit wird. Wilhelm Schütte, der im Hinblick auf sein Wirken im Widerstand jahrzehntelang im Schatten seiner Frau stand, war – wie neuere Untersuchungen zeigen³ – als Agent des britischen Militärgeheimdienstes SOE tätig. Erst 1947 kehrt er mit seiner Frau nach Wien zurück.

1 Margarete Schütte-Lihotzky (1897–2000); Heirat mit Wilhelm Schütte 1927, Trennung 1951
2 Die Auslandsgruppe wurde von dem am 07.01.1943 wegen Vorbereitung zum Hochverrat hingerichteten österreichischen Architekten Herbert Eichholzer in Istanbul aufgebaut.
3Thomas Fierl (Hg.), Margarete Schütte-Lihotzky, Wilhelm Schütte. „Mach den Weg um Prinkipo, meine Gedanken werden Dich dabei begleiten!“. Der Gefängnis-Briefwechsel 1941–1945, Berlin 2021, S. 526 ff.