„Man geht durch die Stadt, sieht Schönes und Hässliches, Gutes und Schlechtes zusammengewürfelt vom Chaos, das Kapitalismus heißt, und dann stößt man auf etwas wie das Ekazent und plötzlich ist alles gut. Ein Blick, ein paar neugierig erkundende Schritte und man spürt: Ja, das ist es, hier ist die neue Stadt, hier ist die Zukunft.“ Philipp Eichhoff 1
Inmitten der Hietzinger Hauptstraße mit ihrer historistischen Häuserzeile links und zwei barocken, zweigeschossigen Bauten rechts – Überbleibsel aus einer Zeit, als Hietzing noch ein Dorf war – springt einem ein großes Natursteinmosaik ins Auge, das die gesamte Schmalseite eines fünfgeschossigen Gebäudes einnimmt. Hier planten Traude und Wolfgang Windbrechtinger mit dem Ekazent (1961–1964) die erste Ladenzeile Österreichs in einer aus vier Bauten bestehenden Gesamtanlage: das fünfgeschossige Gebäude mit dem 14,5 x 12 Meter großen Wandmosaik von Maria Biljan-Bilger, das einen Büro- und Hoteltrakt beherbergt, ein Kino- und Restaurantkomplex, einen eingeschossigen Geschäftstrakt sowie einen zweigeschossigen Ladentrakt mit aufgesetztem Wohngeschoss. Während heutige Einkaufszentren an den Rändern von Städten entstehen, bilden die um einen Platz gruppierten Gebäude ein kleines innerstädtisches Bezirkszentrum. Das Architektenehepaar arbeitete zeitgleich auch für ihren zweiten bekannten Bau in Wien mit der Künstlerin Biljan-Bilger zusammen: das Ausflugsrestaurant Bellevue in Grinzing (1961–1963).
Mit diesen beiden öffentlichen Bauten schufen die Windbrechtingers in Konzeption und Form völlig neuartige Anlagen, die unterschiedlich aufgenommen wurden. Während das Ekazent (mit einigen Veränderungen) auch heute noch existiert und mit dem Wandmosaik ein Zeichen in der Hietzinger Hauptstraße setzt, war dem Bellevue kein schönes Ende beschieden. Nur 19 Jahre nach der Fertigstellung wurde es bereits 1982 wieder abgerissen.
Das Werk von Traude (1922– 2017) und Wolfgang Windbrechtinger (1922–2011) entstand in einer lebenslangen Partnerschaft. Beide studierten in Graz Architektur und eröffneten 1956 ein gemeinsames Büro in Wien. Bereits 1954 gehörten sie zu den Mitbegründer*innen der Österreichischen Gesellschaft für Architektur (ÖGFA). Ihr Interesse für anonymes und regionales Bauen verbunden mit einer klaren, stringenten und zeitgemäßen architektonischen Haltung sorgte für eine gesellschaftlich engagierte Architektur in Wien, der Steiermark und in Niederösterreich. Gemeinsam mit Architekt Viktor Hufnagl, der ebenfalls heuer seinen 100. Geburtstag feiert, konnten sie anlässlich ihrer Mitarbeit an der Wohnanlage „Am Schöpfwerk“ in Wien 12 auch ihre Vorstellungen von innovativen Wohnkonzepten einbringen.
1 https://inaltenundneuenstaedten. wordpress.com/2014/02/27/ ekazent-hietzing/ (28.2.2022)