Ausstellung
Reichtum statt Kapital. Anupama Kundoo

Dachkonstruktionen aus Terrakotta-Elementen sparen Stahl und Zement.
Anupama Kundoo: Wall House, Auroville, 2000
© Foto: Javier Callejas
Architektur war lange eine treibende Kraft für Innovation und Wachstum und ist dabei zur Materialisierung des globalen Kapitals geworden. Weltweit werden von der Bauindustrie natürliche Ressourcen und Arbeitskräfte ausgebeutet. Gleichzeitig können sich viele Menschen ihre Wohnungen, die zu Anlageprodukten geworden sind, nicht mehr leisten. Wie konnte das Bauen so zerstörerisch für Mensch und Natur werden und was können Architekt*innen dem entgegensetzen? Das Werk der Architektin Anupama Kundoo steht exemplarisch für eine andere Art von Architektur. Ihre Arbeit widersetzt sich den Logiken des Kapitals und den normativen Standards der Bauindustrie ebenso wie binären Schönheitsnormen, die von der Architektur verlangen, entweder innovativ oder traditionell, entweder ökologisch oder verschwenderisch zu sein.
Anupama Kundoo wuchs in Mumbai auf, wo sie in den späten 1980er Jahren Architektur studierte. 1989, als die globalisierte Urbanisierung in Indien das Kommando übernahm, zog sie in die experimentelle Stadt Auroville in Südindien, wo sie im Alter von dreiundzwanzig Jahren ihr Büro Anupama Kundoo Architects gründete. Sie lehrte an renommierten Universitäten in aller Welt, hat mehrmals auf der Architekturbiennale in Venedig ausgestellt und zahlreiche Preise erhalten. Sie unterhält derzeit Büros in Berlin, Mumbai, und Puducherry, doch der größte Teil ihres architektonischen Schaffens findet sich in Auroville und Puducherry.
Reichtum liegt in Anupama Kundoos Projekten nicht in edlen Materialien und perfektionierten Industrieprodukten, sondern in der neuartigen Verwendung von Materialien und Techniken, die lokal im Überfluss vorhanden sind. Das gelingt ihr durch die Verbindung von High Tech und Low Tech, die Weiterentwicklung von traditionellen Bautechniken, innovative Leichtbauweisen und regionale Materialkreisläufe. Ihre Projekte sind gebautes Wissen für ein neues Verhältnis von Zeit, Geld und Material – sowohl für Regionen, in denen kosteneffizientes und nachhaltiges Bauen zur Sicherung der Grundversorgung dringend erforderlich ist, als auch für Regionen, in denen Aufgaben wie Umbau und Instandsetzung im Vordergrund stehen. Die Ausstellung macht Kundoos lebendige Architektur sinnlich erlebbar und ist ein Aufruf für eine andere Architektur.
Kuratorinnen: Angelika Fitz, Elke Krasny
Projektkoordination: Agnes Wyskitensky
Publikation: Abundance, not Capital. The Lively Architecture of Anupama Kundoo“, ed. by Angelika Fitz, Elke Krasny, and Architekturzentrum Wien, MIT Press, 2025.
Fotografien und Texte aus der kuratorischen Feldforschung von Angelika Fitz und Elke Krasny entwickeln gemeinsam mit Material aus dem Büro der Architektin einen neuartigen Rahmen für die Analyse von Architektur. Essays internationaler Autor*innen bearbeiten die Themen Architektur und Kapital, CO2-Kolonialismus, Arbeitsbedingungen in der Bauindustrie, modernistische Utopien in der Stadtplanung, Architekturen des Sorgetragens und geben Einblicke in indische Architekturdiskurse.