„Wir stellen fest, dass es Ungleichheit in unserer Gesellschaft gibt. Ein solcher Zustand, der auf Unterdrückung basiert und nur durch diese aufrechterhalten wird, kann nicht akzeptiert werden. […] Die Frau ist abgeschnitten von ihrem eigenen Geschichtsbeitrag, hat keine weiblichen Identifikationsfiguren, spricht eine ihr auferlegte Sprache, die sie daran hindert, sich ihrer eigenen verschütteten Geschichte zu bemächtigen und daraus zu lernen.“
Als 1978 das sogenannte Femifest der Internationalen Aktionsgemeinschaft bildender Künstlerinnen (INTAKT, 1975–1985) erschien, hatte sich deren Mitglied Karin Mack bereits aus einer traditionellen Ehe befreit. „Eine Zeitlang habe ich versucht, in eine Rolle hineinzuschlüpfen, die sich der Mann für mich als Frau vorgestellt hat. Aber ich habe gemerkt, das bin ich nicht.“ 1) Der Weg zur künstlerischen wie individuellen Emanzipation war aufreibend, denn der Architekt, Kritiker und Schriftsteller Friedrich Achleitner war zwar als Mitglied der Wiener Gruppe der Avantgarde zuzurechnen, in seiner Rolle als Ehemann blieb er aber traditionellen Rollenbildern verhaftet.
Karin Mack entdeckte noch vor der Matura im Zuge eines Auslandsaufenthaltes in England ihre Liebe zur Fotografie. Durch Aushilfsarbeiten in der Galerie nächst St. Stephan kam sie bald danach in Kontakt mit der Wiener Gruppe rund um Gerhard Rühm und Friedrich Achleitner, den sie 1962 heiratete. Ihr Interesse an Architektur intensivierte sich und Mack konnte erste Bauten fotografieren. Noch vor Margherita Spiluttini wurde sie in den späten 1960er- und den 1970er-Jahren zur Chronistin einer österreichischen Architekturgeschichte.
„Um Architektur plastisch darzustellen, habe ich viel mit Licht und Schatten gearbeitet. Ich bin meistens um das Gebäude weiträumig herumgegangen und habe mich dann langsam bis ins Innere vorgewagt. Gestochen scharfe und ‚abgeschleckte‘ Fotos habe ich aber nie gewollt.“ 2) Das Spiel mit Licht und Schatten lässt sich besonders gut an den Fotos der Osterkirche im burgenländischen Oberwart (Günter Domenig, Eilfried Huth, 1966–1969) ablesen. Mit der UNO-City- Baustelle (Johann Staber, 1972–1979) zeigt Mack ihre Lust am Dokumentieren von Entstehungsprozessen. Ihr Archiv der Architekturfotografie ist seit 2013 Bestandteil der Sammlung des Az W. Ende der 1970er-Jahre wandte sich Mack zunehmend der künstlerischen Fotografie zu und zählt mit ihren konzeptuellen Selbstporträtserien zur feministischen Avantgarde Österreichs.
1) Aus einem Interview mit Karin Mack vom 24.04.2024 (geführt von Sonja Pisarik und Iris Ranzinger, Az W).
2) Ebenda.