Highlight

Architekt Ferdinand Kitt und die Geschichte der Galerie Würthle

Objekt aus der Sammlung

s/w Foto von einer Auslage mit der Aufschrift Würthle

Carl Auböck, Ferdinand Kitt, Umbau Galerie Würthle, Schaufensterblick mit Schrift zug, Weihburggasse/Liliengasse, Wien 1, 1953
© Architekturzentrum Wien, Sammlung

Szizze von einer Galierie mit dem Namen Würthle
Entwurfszeichnung, Ansicht Liliengasse

In der Ausstellung „Vom Besteck zur Fertighaussiedlung: Der Architekt und Designer Carl Auböck (1924–1993)“ widmet sich das Az W dem bekannten Büropartner von Ferdinand Kitt, im Highlight wollen wir nun auch Kitt selbst vor den Vorhang holen. 1919 in Wien geboren, schloss er 1948 sein Architekturstudium an der TH Wien ab. Bereits während des Studiums begann eine lose Zusammenarbeit mit Auböck, die in einigen Entwürfen für Interieurs mündete und 1953 mit dem Umbau der in der Wiener Innenstadt angesiedelten Galerie Würthle einen Höhepunkt fand. Zu dieser Zeit hatte die Galerie bereits Erfolge, Vertreibung und Gewalt erlebt: Deren ehemalige Besitzerin, die Kunstsammlerin Lea Bondi (1880–1969), war zu Beginn des NS-Regimes zur Emigration nach London gezwungen. Die Galerie wurde von Friedrich Welz „arisiert“. Er war es auch, der Bondi das berühmte Gemälde „Wally“ von Egon Schiele abpresste, welches sie Mitte der 1920er-Jahre erworben hatte. 1)

Als der Auftrag zum Umbau an das in der Taubstummengasse angesiedelte Atelier Auböck/Kitt ging, hatte bereits der Bildhauer Fritz Wotruba die Leitung der Galerie übernommen. Ziel war es, den Ausstellungsraum durch großzügige Verglasungen optisch bis zur Straße zu erweitern und dabei die Schaufenster in die Ausstellungen miteinzubeziehen. Die Auslagenscheiben sind horizontal durch ein umlaufendes, schmales Band akzentuiert, das auf beiden Straßenfronten mehrfach den Firmennamen trägt. Sämtliche Zwischenwände im Inneren wurden eliminiert, um einen großen Raum mit einer elegant luftigen Treppe in das Obergeschoss zu erhalten – ein Element, das uns in Kitts Bauten öfter begegnet.

Nach der Trennung von Büropartner Carl Auböck war Ferdinand Kitt von 1956 bis 1960 als Hausarchitekt der Österreichischen Saurerwerke tätig und zeichnete in dieser Position für zahlreiche Industriebauten verantwortlich. Kitt ist heute in kaum einer Publikation zur österreichischen Architektur des 20. Jahrhunderts zu finden, zählte aber jedenfalls zu den „Pionieren der modernen Ladengestaltung“ in Österreich, so Zeitgenosse Architekt Karl Mang.

In seiner Funktion als jahrzehntelanger Vizepräsident der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs konnte der als sehr gesellig beschriebene Ferdinand Kitt – gemeinsam mit Eugen Wörle als Präsident – eine Öffnung der ZV gegenüber neuen Entwicklungen und Ideen herbeiführen, was sich auch in progressiveren Themen und der Präsentation internationaler Architektur in der hauseigenen Zeitschrift „Bau“ niederschlug. Sein früher Tod 1973 mit gerade einmal 54 Jahren hat wohl dazu beigetragen, dass er heute zu Unrecht ein wenig in Vergessenheit geraten ist.

1)
Bis zu ihrem Tod 1969 bemühte sich Bondi vergeblich um die Restitution des Gemäldes. 1998 bei einer Ausstellung im MoMA als Raubkunst sichergestellt, kam es erst 41 Jahre nach ihrem Tod zu einer außergerichtlichen Einigung mit den Erben.