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Vom Besteck zur Fertighaussiedlung

Der Architekt und Designer Carl Auböck (1924–1993)

s/w-Foto des Innenraums mit Pflanze, Kamin, Liegestuhl und Esstisch

Carl Auböck, Haus Gallet, Union Town, Pennsylvania, USA, Innenansicht, 1952
© Architekturzentrum Wien, Sammlung

Anlässlich des 100-jährigen Geburtstages von Carl Auböck und der Übernahme seines Nachlasses in die Sammlung des Az W gibt die Ausstellung Einblicke in sein kosmopolitisches Leben und Schaffen. Das neue Format des „Living Archive“ ermöglicht dabei einen Blick hinter die Kulissen der Sammlungsarbeit.

Carl Auböck (1924-1993) war Mitglied einer Familiendynastie, die seit mittlerweile 125 Jahren für zahlreiche Architektur- und Designklassiker verantwortlich zeichnet. Das „Living Archive“ macht die Aufarbeitung dieses bedeutenden Neuzugangs zur Az W-Sammlung hautnah erlebbar. Für die Dauer der Ausstellung können die Besucherinnen dem Sammlungsteam inmitten von Möbeln, Designobjekten, Architekturmodellen, Plänen, Fotos und Zeichnungen bei der Forschungsarbeit über die Schulter blicken. Eine Reihe von Persönlichkeiten wird als Zeitzeuginnen zu Gast sein und so die Exponate zum Leben erwecken.

Nach einer Gürtler- und Ziseleurlehre studierte Carl Auböck von 1943 bis 1949 Architektur an der Technischen Hochschule in Wien. Parallel dazu besuchte er die Berufsschule für Uhrmacher, Juweliere, Gold- und Silberschmiede, Gürtler und Graveure in Wien. Durch das anschließende Postgraduate-Studium am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston, USA, kam Auböck – früher als andere österreichische Architektinnen – mit der Moderne und deren Protagonistinnen wie Walter Gropius, Richard Neutra, Charles und Ray Eames in Kontakt. Die am MIT erlernten Methoden der seriellen Vorfertigung von Gebäuden und Bauteilen prägten seine Wohnbauten: In der Veitingergasse 64– 66, Wien 13, (1952–1954) konzipierte er mit Roland Rainer eine Muster-Fertighaussiedlung nach amerikanischen Vorbildern in Holzbauweise mit präfabrizierten Installationswänden und Wohnküchen. Ihrer Zeit voraus war auch die gemeinsam mit Adolf Hoch und Carl Rössler geplante Wohnhausanlage der Gemeinde Wien in der Vorgartenstraße 158–164 in Wien 2 (1959–1962). Bautechnische Innovationen, eine moderne Gebäudeinfrastruktur mit Zentralheizungen und Personenaufzügen und die Einführung des „amerikanischen Grundrisses“, bei dem man die Schlafräume mit Bad über einen Zwischenflur vom Wohnzimmer aus betritt, sorgten für internationales Flair.

Auböcks Bauten entsprangen einem Innovationsschub, der sie in der Internationalen Moderne verankerte. Sein Architektur- und Designbegriff war weit gefasst und fand im Großen wie im Kleinen Einsatz: von stadtplanerischen Agenden über den Bau von Einfamilienhäusern bis zur Gestaltung alltäglicher Gebrauchsgegenstände wie Essbesteck, Taschenrechner und Skimode.

Kuratorinnen: Sonja Pisarik & Monika Platzer, Az W
Ausstellungsgestaltung: asphalt Kollektiv für Architektur (Natascha Peinsipp, Felix Steinhoff)
Ausstellungsgrafik: Stella Rollny Kucher